Theophil Lamy war “ Zweiter Erbauer unseres glorreichen Domes”
Im Jahre 1905 kam Stadtpfarrer Lamy nach St. Blasien
Auch heute ist er noch nicht vergessen / Mit Glockengeläut und Böllersalven in den Dom geleitet
Man spricht in einer Selbstverständlichkeit vom “ Theophil-Lamy-Haus” in St. Blasien, mit Kindergarten und Zentrum der katholischen Gemeinde “ St. Blasius”. Und viele, die den Namen dieses Hauses aussprechen, wissen gar nicht wer er war, dieser Theophil Lamy. Stadtpfarrer von St. Blasien, von 1905 bis 1936, er starb 1938 hier, sein Grabmal ist heute noch auf dem Friedhof erhalten.
Ein ungeheuer populärer Mann, der heute noch bei vielen in bester Erinnerung ist. Dass man 37 Jahre nach seinem Tode, das neue Pfarrzentrum nach ihm benannte, spricht für sich. Anlässlich seines 25- jährigen Priesterjubiläums 1922 war Lamy zum Ehrenbürger St. Blasiens ernannt worden. “ Zweiter Erbauer unseres glorreichen Münsters
” hieß es auf der Urkunde, was daran erinnerte, dass es im wesentlichen den Bemühungen von Pfarrer Lamy zu verdanken war, dass die Domrotunde, nach dem Brand von 1874, von 1910 bis 1913 wieder aufgebaut wurde.
Drei Pfarrer gab es 1905 in St. Blasien. Pfarrer Julius Popp war zum 1. März nach acht Jahren Pfarrtätigkeit nach Lahr versetzt worden, ein Pfarrer Zobel kam als Pfarrverweser nach St. Blasien und erfreute sich sehr schnell großer Beliebtheit. Unverständnis gab es in der Pfarrei, als Anfang November 1905 bekannt wurde, dass Pfarrverweser Zobel St. Blasien wieder verlassen muss, weil die Bewerbungsliste dienstältere Priester enthielt, die den Vorzug hatten. “ Von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog, wurde die Stadtpfarrei St. Blasien dem Hochwürdigsten Herrn Theophil Lamy, z. Zt. Pfarrverweser in Waldkirch, übertragen”, so war es damals zu lesen.
Am Sonntag, 3. Dezember, war dann die Investitur des neuen Pfarrers, der unter Glockengeläut und Böllersalven vom Pfarrhaus zur Kirche geleitet wurde. Die Amtseinführung übernahm der zuständige Dekan Dieterle aus Dogern, der zugleich auch noch Landtagsabgeordneter des Zentrums war. So war bei der, dem Festgottesdienst folgenden, weltlichen Feier im „Hirschen” auch der Landtagsabgeordnete Dieterle zu hören, der seiner Hoffnung Ausdruck gab, dass bald eine Eisenbahn nach St. Blasien gebaut werde. Als Abgeordneter wolle er sich jedenfalls dafür einsetzen. Dieterle war zwar Dekan des Dekanats Waldshut mit Sitz in Dogern, aber Abgeordneter des Wahlkreises Eberbach-Buchen in Nordbaden.
Der neue Pfarrer Theophil Lamy, er war 1871 in Furtwangen geboren, machte sich gleich den Wiederaufbau des Domes zur Aufgabe. Am 30. August 1907 nutzte Lamy die Gelegenheit eines Besuches von Großherzog Friedrich, um wegen des Kirchenbaues vorstellig zu werden. Und der Landesvater sagte dem Pfarrer: “ Es kommt schon alles in Ordnung” . Es war der letzte Besuch des Großherzogs in St. Blasien, am 28. September 1907 verstarb er. Enttäuschung in St. Blasien, als im Dezember 1907 die Nachricht kam, dass im Budget 1908 des Landes nichts für den Kirchenbau eingestellt sei. Das Kirchspiel und die dazu gehörenden Gemeinden St. Blasien, Häusern, Blasiwald und Schwarzhalden, richteten eine, von Pfarrer Lamy verfasste, Petition an den Landtag.
Jetzt wurde auch der Dekan und Abgeordnete Dieterle wieder mobil. Am 11. Juni 1908 weilte eine Gruppe Abgeordneter wegen des besagten Bahnbaues in St. Blasien und Dieterle warb dabei auch für den Dombau. So kam der Dombau ins Rollen, die treibende Kraft immer wieder Stadtpfarrer Theophil Lamy.
Pfarrer Theophil Lamy hatte auch in Häusern als Bauherr gewirkt
Im Jahr 1905 kam er nach St. Blasien / Auch als Schriftsteller hat er sich einen Namen gemacht / Seine Sorge galt immer den einfachen Menschen
Als Pfarrer Theophil Lamy im November 1905 Pfarrer von St. Blasien wurde, gehörten die Gemeinden Blasiwald und Häusern auch zur Pfarrei. Oft wanderte der Pfarrer hinauf in die Nachbardörfer, um in den dortigen Kapellen Gottesdienst und an der Schule die Religionsstunden zu halten. An hohen Festen, wie dem “ Fridolinstag” in Häusern oder das “ Panthaleonsfest” in Blasiwald, wurde der Pfarrer mit der Kutsche in St. Blasien abgeholt.
In St. Blasien ging es Theophil Lamy zunächst um die Wiederherstellung des Domes. Er wusste die Bauleute und Behörden zu überzeugen, aber auch die eigene Gemeinde. Die Spendenwilligkeit der St. Blasier, der Blasiwalder, der Häuserner und derer aus Schwarzhalden war ungeheuer groß. Bei einer Besprechung im Karlsruher Ständehaus, am 7. Mai 1912, hob der badische Finanzminister Rheinboldt die Opferbereitschaft der Pfarrei besonders hervor. Die Pfarrei übernahm die Kosten für das Deckengemälde, zweier Altarbilder, der 14 Kreuzwegstationen und weiterer Ausstattungsgegenstände. Ein großer Tag für Pfarrer Lamy, als am 1. Juni 1913 durch Erzbischof Thomas Nörber die Kirche eingeweiht werden konnte. Lamy wurde mit dem Orden vom Zähringer Löwen geehrt.
Die Geschichte des Klosters, des Blasiusdomes, besonders der Arbeiten zur Wiederherstellung, sowie die Verehrung des Heiligen Blasius, hielt Pfarrer Lamy in einem “ St. Blasius Büchlein” fest. Später schrieb er auch noch einen biblischen Roman, und er war auch Verfasser eines „Blasius-Weihespiels”, das in den Dreißigerjahren in St. Blasien aufgeführt wurde. Gefragt war er auch als Prediger und Volksredner. So war er 1912 in Bernau bei der Einweihung der neuen Altarbilder von Hans Thoma. Der Maler schreibt dazu: „Pfarrer Lamy aus St. Blasien hielt die Predigt, in der er sehr schön auf volkstümliche Art die religiöse Symbolik der Bilder erklärte.”
Theophil Lamy entstammte einer kinderreichen Familie. Bevor er Pfarrer werden konnte, lernte er das Uhrmacherhandwerk. So galt auch seine Sorge immer den einfachen Menschen. Als im ersten Weltkrieg in St. Blasien zahlreiche kranke und verwundete Soldaten Heilung suchten, war er ihr Seelsorger. Das war sein „Kriegsdienst”, für den er das Badische Kriegsverdienstkreuz und das Preußische Verdienstkreuz für Kriegshilfe erhielt. Schon fortgeschrittenen Alters kamen auf den Pfarrer noch einmal große Herausforderungen zu. In Häusern entstand das Schluchseewerk, die Gemeinde wuchs und die dortige Kapelle reichte nicht mehr aus. Lamy setzte sich vehement für einen Erweiterungsbau ein und erreichte auch, trotz Bedenken aus Freiburg, dass es in Häusern ab 1929 einen regelmäßigen Sonntagsgottesdienst gab. Große Sorgen bereiteten dem Pfarrer auch der Zusammenbruch der Spinnerei in St. Blasien. Hohe Arbeitslosigkeit war die Folge. Der Kindergarten und die Schwesternstation mussten aus dem Fabrikgebäude ausziehen. Dem Pfarrer gelang es, das Ökonomiegebäude der Spinnerei am Friedhofsweg zu kaufen und dort neuen Platz für den Kindergarten und die Krankenschwestern zu schaffen. Gleichzeitig schuf er dort für sich selbst eine Altenwohnung. Die evangelische Gemeinde musste damals auch einen neuen Gottesdienstraum suchen und baute sich die “ Christuskirche” auf dem Berg, mit großer Unterstützung auch von Pfarrer Lamy. “ Das Einvernehmen mit dem hochverehrten Pfarrer Lamy war stets das allerbeste” schrieb damals der evangelische Pfarrer Maurus Gerner-Bäuerle. Begrüßt und Unterstützt von Pfarrer Lamy wurde auch die Ansiedlung des Kollegs im Jahre 1933. 1936 übergab er die Pfarrei an den Nachfolger , Pfarrer Karl Schweizer, und zog in seine Alterswohnung. Am Donnerstag, 19. Mai 1938 war er noch im Stadtbild zu sehen, kaum in der Wohnung, wurde er vom Schlaganfall getroffen, dem er in den Morgenstunden des Freitags erliegen sollte.
Autor: Claus-Peter Hilger
Erschienen in der Badischen Zeitung am 3. und 5.12.2005